Im Rahmen der Veranstaltungen zu 150 Jahre Japan – Österreich-Ungarn gab es am 23. und 24. zwei Veranstaltungen zu diesem Thema mit SkkH Georg Habsburg-Lothringen. (Organisatoren:Makiko Krone sowie Matthias Urrisk). Es handelte sich dabei um
Im Rahmen der Veranstaltungen zu 150 Jahre Japan – Österreich-Ungarn gab es am 23. und 24. zwei Veranstaltungen zu diesem Thema mit SkkH Georg Habsburg-Lothringen. (Organisatoren:Makiko Krone sowie Matthias Urrisk). Es handelte sich dabei um einen Ball „nach Wiener Tradition“ im traditionellen New-Otani-Hotel sowie einer Diskussion im Meiji Kinenkan neben dem aktuellen Wohnsitzes S.M. des Kaisers von Japan (Akasaka Palast) statt.
Die rauschenden Ballnacht und Galadiner mit japanisch-österreichischen Speisen und Vorführungen von japanischen und österreichischen Liedern und Tänzen endete japanischen Verhältnissen folgend bereits um 22 Uhr, war aber insbesondere bei den japanischen Gästen ein Erlebnis, dass noch viele Jahre in Erinnerung bleiben wird und ein weiterer Baustein der freundschaftlichen Brücke zwischen Österreich und Japan.
Anwesend waren u.a. Unternehmern aus Japan der Geschäftsträger der Republik Österreich Gregor Csörsz, und als Vertreter der Wirtschaftskammer Arnold Ackerer, der auch als Teilnehmer der Diskussion auftrat. Gemeinsam mit SkkH Georg Habsburg-Lothringen teilten sich Miomi Gräfin Coudenhove-Kalergi, sowie ein bekannter japanischer Journalisten und Fernsehmoderator das Podium im Rahmen der Diskussion.
Folgend die Worte SkkH Georg Habsburg-Lothringen zum Beginn der Diskussion:
Sehr geehrte Festgäste,
Zuerst möchte ich mich bei Ihnen sehr herzlich für die Einladung bedanken, heute hier über 150 Jahre Beziehungen zwischen Japan und Österreich Ungarn zu reden. Eigentlich sollte mein Bruder Erzherzog Karl, Chef des Kaiserlichen Hauses Österreich hier zu Ihnen sprechen aber leider ist er durch eine wichtige politische Verpflichtung kurzfristig aufgehalten worden und hat mich beauftragt, Ihnen seine besten Grüsse zu übermitteln.
Ich kann hier betonen, dass es für mich eine besondere Freude und Ehre ist Ihn zu vertreten.Wie Sie sich sicher alle vorstellen können, bin ich mit dem Flugzeug hier zu Ihnen nach Japan gekommen. In der heutigen Zeit ist es selbstverständlich, dass man solche Distanzen mit dem Flugzeug zurücklegt. Genauso selbstverständlich ist es, dass heute Nachrichten zwischen Japan und Europa, zwischen Japan und Österreich oder Ungarn per email ausgetauscht werden. Diese zwei Beispiele zeigen für jeden von uns auf sehr eindrucksvolle Weise, wie sich die Beziehungen zwischen zwei Ländern durch die Entwicklung der Technik verändern.
Als Erzherzog Franz Ferdinand im Jahr 1893 Japan besuchte, tat er das im Rahmen einer Weltreise. Ganz sicher hat er durch die vielen Stationen der Reise eine Vielzahl von Eindrücken gewonnen, die der Flugreisende von heute nicht erlebt. Erzherzog Franz Ferdinand hat über seine Reise ein Tagebuch verfasst, das insgesamt an die 2000 Seiten umfasst. Das handschriftliche Manuskript befindet sich heute im Archiv seiner Familie in Artstetten. Unter dem Titel „Tagebuch meiner Reise um die Erde“ erschien der Reisebericht in den Jahren 1895 und 96 beim Wiener Verleger Alfred Hölder.
Der Besuch in Japan nimmt dabei einen wichtigen Teil ein, mit sehr vielen positiven Eindrücken, die der spätere Thronfolger aus Japan mitgenommen hat. Ja, er hat sich sogar tätowieren lassen, und schreibt darüber auch in seinem Reisetagebuch: Ich zitiere:
Da wir uns nun schon in landesüblichen Gebräuchen vergnügten, unterzog ich mich auch einer Tätowierung, aus welcher nach vierstündiger ziemlich schmerzvoller Prozedur, die nicht weniger als 52.000 Stiche erforderte, ein auf meinem linken Arme prangender Drache hervorging – ein Scherz, den ich wahrscheinlich seiner unvertilgbaren Spuren wegen noch bereuen werde.“ Zitat Ende.Dazu kommt, dass solche Reisen vor 100 oder 150 Jahren ein Luxus und ein Abenteuer gleichzeitig waren.
In unseren Tagen zeigt allein die Intensität der Flugverbindungen zwischen Europa und Japan, wie solche Reisen zu einem Allgemeingut geworden sind. Und damit ist auch klar, dass die Beziehungen zwischen Wien und Tokyo in unserer Zeit eine ganz andere Dimension haben, als vor 150 Jahren, als man diese Beziehungen erstmals vertraglich geregelt hat, als diplomatische Beziehungen zwischen den beiden Kaiserreichen aufgenommen wurden.Man darf hier auch nicht die Iwakura Mission vergessen. 1871 brach diese hochrangige Delegation von Yokohama nach Amerika und Europa auf.Im Mai 1873 kamen Sie in Österreich Ungarn an.
Mehrere Dinge haben Sie sehr beeindruckt und wurden auch immer hervorgehoben.Die Semmering Bahn, die schönen Uniformen unserer Armee, und das Heeresgeschichtliche Museum.Vielleicht wurde damals der Grundstein dafür gelegt, dass Japan die besten und schnellsten Züge der Welt hat. Das Heeresgeschichtliche Museum ist auch heute noch das beeindruckendste Museum in der Stadt Wien, aber leider würde niemand nach Wien kommen um sich an den Uniformen der Republik zu erfreuen.
Damals versuchte die Delegation durch ihre Reise Impulse für die Modernisierung des Kaiserreiches zu sammeln. Heute kommt man nach Japan um die neusten Technologien kennenzulernen.Der Austausch von Waren zwischen den beiden Reichen war vor 150 Jahren sehr bescheiden. Japaner in Wien oder Budapest galten damals genauso als Exoten wie Europäer in Tokyo oder einer anderen Stadt dieses Landes.
Heute gehören japanische Autos so selbstverständlich zum Straßenbild österreichischer Städte wie Apfelsaft aus österreichischen Äpfeln in japanischen Geschäften. Österreicher fotografieren mit Kameras, die aus japanischer Produktion stammen, und selbstverständlich können wir hier guten österreichischen oder ungarischen Wein trinken. Das sind jetzt nur kleine Beispiele aus einer wirtschaftlichen Beziehung, die ein jährliches Handelsvolumen von zirka vier Milliarden Euro umfasst. Japan ist für Österreich der zweitwichtigste Wirtschaftspartner in Asien.
Hätten Sie vor 150 Jahren bei einer Feier in Ihrer Familie die Prognose aufgestellt, dass es nicht mehr sehr lange dauern werde, bis Studierende aus Japan nach Wien kommen werden, um sich dort mit der Musik von Mozart, Schubert oder Beethoven zu beschäftigen, hätten sich Ihre Verwandten wahrscheinlich Sorgen um Sie gemacht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren. 150 Jahren scheinen auf den ersten Blick eine lange Zeit zu sein. Wahrscheinlich sind sie das auch, wenn man versucht, sich in die Zeit von damals zu versetzen. Aus der heutigen Perspektive würde ich diese eineinhalb Jahrhunderte nicht als lange Zeit sondern als besonders intensive Zeit bewerten, die vor allem in Europa viel mehr Umbrüche gebracht hat als in Japan. Zumindest ist das der Eindruck, den man als Europäer bekommt.
Im November 1919, also vor 100 Jahren, wurden in den Vororten von Paris jene Verträge unterzeichnet, die Europa nach dem Ende des Ersten Weltkriegs neu ordnen sollten. Damit wurde damals das Ende jenes mitteleuropäischen Reiches besiegelt, mit dem Japan 50 Jahre davor diplomatische Beziehungen aufgenommen hat. Das Ende des Ersten Weltkrieges, war eine historische Zäsur für Europa und wahrscheinlich auch für die Weltpolitik. Bis dahin gab es eine europäische Ordnung. Weltpolitik war gleichbedeutend mit der Politik europäischer Mächte.
1918 trat ein, was 1914 keiner der damals führenden Politiker, egal in welchem der beteiligten Länder, je in seine Überlegungen mit einbezogen hatte. 1918 brachte den Untergang der Reiche, die unmittelbar oder mittelbar mit Europa zu tun hatten. Vier dieser Reiche wurden unmittelbar als Ergebnis des Krieges zerstört, das britische Empire hat noch weiter existiert, ist dann aber auch schon in Richtung seines Endes gegangen. Auf dem Boden dieser ehemaligen Reiche sind allerdings sehr viele Diktaturen und totalitäre Systeme entstanden.
In Mitteleuropa wurde ein über Jahrhunderte gewachsener Kulturraum zerstückelt. Der Nationalismus übernahm das Ruder. Es wurde aber nicht nur ein Kulturraum zerstückelt, sondern auch ein Wirtschaftsraum. Jeder einzelne Staat versuchte, seine Probleme durch Abschottungspolitik, durch Protektionismus und Nationalismus zu lösen, machte sie aber in Wirklichkeit nur schlimmer. Die Folge war ein Zweiter Weltkrieg, der für Europa noch schlimmere Folgen hatte, denn Europa wurde geteilt.
Damit bin ich wieder bei den 150 Jahren, vor denen Japan diplomatische Beziehungen mit Österreich-Ungarn aufgenommen hat. Denn mit dem Ergebnis des Zweiten Weltkrieges war die Habsburger-Monarchie nicht nur in Kleinstaaten aufgesplittert, sondern zu einem großen Teil auch von einer totalitären Macht okkupiert und annektiert worden. Der Nachfolgestaat der Sowjetunion hält heute zwar nicht mehr Mitteleuropa besetzt, aber die Russische Föderation versucht immer wieder in die Politik der europäischen Länder Einfluss zu nehmen. Und es ist ein Faktum, dass diese Russische Föderation nach wie vor Teile japanischen Territoriums besetzt hält. Die Kurilen Inseln sind ein sehr lebendiges Zeichen dafür, genauso wie Habomai, Shikotan, Kunashiri und Etorofu.
Vor wenigen Tagen, am 17. November, haben wir den 125. Geburtstag eines Mannes gefeiert, der ebenfalls eine wichtige Brücke zwischen Japan und Österreich, oder besser gesagt zwischen Japan und Europa darstellt: Richard Coudenhove-Kalergi. 1922, also bereits nachdem der Erste Weltkrieg Europa zerstört hatte, gründete er in Wien die Paneuropa-Union.Er hat klar analysiert, dass dieses in Kleinstaaten zersplitterte Europa, in dem alle kleinen Länder versuchten, ihre wirtschaftlichen Probleme zu exportieren, in einen neuen Krieg gehen würde. Deshalb hat er vorgeschlagen, eine europäische Einigung zu beginnen, um mit einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik den Frieden in Europa zu sichern und gleichzeitig auf der Bühne der Weltpolitik eine Rolle spielen zu können. Viele nennen ihn den Propheten Europas oder den Visionär Europas. Das war er zweifelsohne auch.
Geboren wurde Richard Coudenhove-Kalergi am 17. November 1894 in Tokyo. Sein Vater Heinrich war österreichischer Gesandter in Tokyo. Seine Mutter Mitsuko stammt aus einer japanischen Händlerfamilie. Vielleicht kennen Sie die Geschichte seiner Eltern. Über die Beziehung der beiden, über die Romanze, die entstand, als das Pferd von Heinrich auf einer Eisplatte stürzte und Mitsuko aus dem Haus kam um ihm zu helfen wurde sogar eine Art Comic-Buch herausgebracht, das die Geschichte der beiden erzählt. Über Mitsuko wurde auch ein Theaterstück geschrieben, das in Österreich genauso wie in Japan aufgeführt wurde.
Als die Familie Coudenhove-Kalergi dann Anfang des 20. Jahrhunderts nach Europa zurückkehrte, konkret nach Böhmen, wo Ronsperg, das Stammschloss der Coudenhove-Kalergis liegt, war das auch für sie eine Weltreise, die Wochen dauerte. Böhmen war damals noch Teil der Habsburger-Monarchie, heute gehört es zur tschechischen Republik. Als Richard dann in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts zu zwei Vortragsreisen in das Land seiner Geburt kam, hat er selbstverständlich das Flugzeug genommen. Richard Coudenhove-Kalergi konnte sich mit seiner Paneuropa-Idee damals nicht durchsetzen. Zu stark waren der Nationalismus und die totalitären Ideologien, die dann Europa noch weiter zerstörten.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnte im freien Westen Europas die europäische Einigung begonnen werden. Es war wohl kein Zufall, dass Coudenhove-Kalergi seine Idee eines vereinten, nicht nach Nationalitäten ausgerichteten Europa in Wien entwickelte. War Wien doch gerade zu der Zeit noch das Paradebeispiel einer übernationalen Stadt. So gesehen stand Österreich an der Wiege jener europäischen Einigung, die heute einen großen Teil der europäischen Länder umfasst. In Wien hat man oft den Eindruck, dass man das in der Politik vergessen hat. Da ist es dann gut, wenn das politische Österreich eine kleine Erinnerung aus Japan bekommt. Noch dazu kam diese Erinnerung sogar von allerhöchster Stelle.
Am 15. Juli 2002 ging der Tenno bei einer Tischrede anlässlich seines dreitägigen Besuches in Wien bei einem Galadiner des Bundespräsidenten auf diese europäische Dimension Österreichs ein.
Ich darf ein paar Sätze aus der Tischrede des japanischen Kaisers zitieren:
„Österreich hat lange Zeit als Zentrum des Heiligen Römischen Reiches in der Geschichte Europas, das viele Völker einschliesst, eine grosse Rolle gespielt. Heute bewegt sich Europa dynamisch auf umfangreiche Integration in bisher nie dagewesenem Masse; es war Graf Richard Coudenhove-Kalergi – dessen Vater ein österreichischer Diplomat und dessen Mutter eine Japanerin war -, der die Paneuropa-Bewegung initiierte und der Urheber dieser Integrationsbewegung geworden war. Im Jahre 1953 hatte ich die Gelegenheit, der Krönung der englischen Königin beizuwohnen, einige europäische Länder zu besuchen und in der Schweiz den Grafen Coudenhove-Kalergi zu sehen. Er hat mir sein Werk in japanischer Übersetzung geschenkt. Damals war es kurz nach Kriegsende, und die diplomatischen Beziehungen mit Ihrem Land waren noch nicht wiederhergestellt. Seither sind beinahe 50 Jahre vergangen; ich spüre, dass die Welt vollkommen verändert ist.“ Zitat Ende.
Auch für meinen Vater, Otto von Habsburg, war die politische Einigung des Europäischen Kontinents eine Herzensangelegenheit. Schon in den 30iger Jahren hat er zusammen mit Richard Coudenhove Kalergi begonnen, an dieser Einigung zu arbeiten, um so Europa Krieg zu ersparen und Frieden, Stabilität und Sicherheit zu bringen. Er hat in seiner Beschäftigung mit der europäischen Einigung eine politische Tradition weitergetragen, für die meine Familie über Jahrhunderte gestanden ist. Das ist die sogenannte „Reichsidee“.
Übersetzen kann man den Begriff in andere Sprachen nicht wirklich. Ich hoffe deshalb, dass es im Japanischen gelingt. Wenn man im Französischen von der „Idee imperial“ spricht, dann erinnert das an Napoleon, und wenn man im Englischen von der „Imperial Idea“ spricht, dann klingt das doch sehr deutlich nach Kolonialreich. Dieses Konzept der Reichsidee ist das Konzept einer übernationalen Rechtsordnung. Sie ermöglichte es in einem so vielseitigen Reich wie der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, mit ihren Kulturen , Traditionen, Religionen und Sprachen den Frieden zu erhalten. Der Garant dieses Rechtes war der Kaiser und König, der als eigene Instanz über den vielen Völkern stand, der aber selber genauso an das Recht gebunden war.
Die Rechtsstaatlichkeit ist ein Element in dieser „Reichsidee“. Dieses Konzept der „Reichsidee“ scheint mir auch für die europäische Einigung wichtig zu sein.
Denn heute besteht die EU aus Nationalstaaten. Je enger aber die Zusammenarbeit wird, umso mehr muss man das Konzept des Nationalstaates überwinden und ein eigenes Konzept für das vereinte Europa entwickeln. Diese Europäisch Union ist eine echte Erfolgsgeschichte geworden. Sie hat Sicherheit und Stabilität auf unserem Kontinent garantiert und das jetzt schon seit fast 70 Jahren. Die Institutionen der Europäischen Union, und hierbei besonders das Europäische Parlament, haben dazu beigetragen das jener Eiserne Vorhang der, nach dem Zweiten Weltkrieg unseren Kontinent in zwei Teile, Ost und West geteilt hat, endlich auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt wurde.
Mein Vater, der von 1979 -1999 dem Europäischen Parlament angehörte, hat durch viele Aktionen darauf hingearbeitet, dass Mitteleuropa wieder erstehen konnte. Schon 1979 begann er dafür zu arbeiten, dass im Plenarsaal des Europäischen Parlamentes in Straßburg ein leerer Stuhl aufgestellt wird, der die Länder Mitteleuropas symbolisiert die noch nicht an dem Europäischen Projekt teilnehmen durften. Immer wieder hat er dann die Dolmetscher überrascht, und eine kurze Rede, oder einen Teil einer Rede in ungarischer Sprache gehalten. Meist hat er dann dazu gefügt: „Damit wir uns daran gewöhnen“. Damit wollte er ausdrücken, dass es aus seiner Sicht ganz sicher war, dass Ungarn eines Tages der Europäischen Union angehören werde.
Er selber hat auch intensiv daran gearbeitet, damit es so weit kommen kann. So geht zum Beispiel auf ihn die Idee des Paneuropäischen Picknick zurück. An der österreichisch-ungarischen Grenze, die damals noch durch einen – wenn auch schon löchrigen – Stacheldraht getrennt war. sollte ein Picknick stattfinden, bei dem Teilnehmer von beiden Seiten der Grenze ohne Problem für ein paar Stunden auf die ungarische Seite kommen konnten, um an einem Picknick teilzunehmen. Als Tag für das Picknick wurde der 19. August im Jahr 1989 festgelegt. Aus verschiedenen Gründen nahm mein Vater selber nicht an dem Picknick teil, übernahm aber gemeinsam mit dem ungarischen Staatsminister Imre Pozsgay die Schirmherrschaft.
Aus dem Picknick wurde dann die erste große Massenflucht aus dem Ostblock. 661 Bürger der sogenannten DDR, die in Ungarn Urlaub gemacht hatten, flohen in die Freiheit. Damit wurde vor 30 Jahren das erste große Loch in den Vorhang gerissen. Schließlich fiel auch die Berliner Mauer. Schon vor dem Picknick gab es eine neue Reformregierung in Polen, und auch in den anderen Staaten des Ostblocks gingen die Menschen gegen das totalitäre Regime auf die Straßen. Von da an gab es kein zurück mehr und diese unmenschliche Trennungslinie verschwand.
Übrigens, einer der besten Dokumentarfilme, die über das Paneuropäische Picknick gedreht wurden, hat der japanische Fernsehsender NHK produziert. Und in Sopron, jener Stadt bei der dieses Picknick stattgefunden hat, gibt es einen japanischen Zen-Garten, der die Einheit Europas symbolisiert. Warum erzähle ich ihnen dies alles? Als vor 150 Jahren die diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und dem Kaisertum Japan aufgenommen wurden, betraf dies nicht nur das Staatsgebiet des HEUTIGEN Österreich und Ungarns sondern einen sehr viel größeren Raum. Länder wie die Slowakei, Kroatien, Slovenien, Tschechien, Bosnien-Herzegowina, Teile Serbiens, Montenegros, der Ukraine, Rumäniens, Italiens und Polens waren auch Teile des Habsburgerreiches. Dieses Mitteleuropa wurde zu Beginne des 20 Jahrhundert zerschlagen.
Vor 30 Jahren begann es durch den Untergang des Sovietimperiums wieder zusammenzuwachsen. Vor allem der alte Wirtschaftsraum wurde nach der Wende vor 30 Jahren wieder neu belebt. Die Handelsbeziehungen zwischen diesen Ländern gehören heute zu einem wesentlichen Faktor ihres steigenden Wohlstandes. Im Verhältnis zu Japan regelt heute ein EU-Japan Handelsabkommen die wirtschaftlichen Beziehungen. Auch wenn es bei uns viele Leute gibt, die solche Abkommen skeptisch beurteilen, muss man ihnen klar die Vorteile erklären.
Es ist erwiesen, dass freier Handel allen nutzt. Länder die in einem regen Handelsaustausch stehen, haben normalerweise auch gute politische Beziehungen zueinander. Freier Handel dient dem Wohlstand der beteiligten Länder. Ich lebe heute in Budapest und erlebe dort mit grossem Interesse die Entwicklung der so genannten Visegrad Staaten – Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei. Diese Länder haben sich schon 1993 zusammengetan um ihren Eintritt in die Europäische Union zu koordinieren und sich gegenseitig zu unterstützen. Heute sind Sie in Europa ein ernstzunehmender Wirtschaftsraum und einflussreiches Machtzentrum neben Deutschland und Frankreich geworden. Dies hat man besonders gut gesehen als die letzte Kommission bestellt wurde und man an den Wünschen der Visegradstaaten nicht vorbei konnte.
Was ist mir Österreich? Österreich hat zwar sehr enge Beziehungen zu seinen Nachbarn ist aber nicht Mitglied der Visegrad Staaten. Ein Zustand den ich sehr bedauere aber von dem ich überzeugt bin, dass es nicht eine Frage ist ob Österreich dazu kommt sondern eher wann es soweit ist.
Mein Vater hat in seinem Leben oft Japan besucht und dort auch viele Freunde gefunden. Für uns Kinder war dies auch eine Möglichkeit Ihn zu begleiten und damit auch Japan besser kennenzulernen. Meine erste Reise in ihr schönes Land machte ich mit 21 Jahren. Ich war zutiefst beeindruckt von der japanischen Kultur und dem gastronomischen Reichtum. Es ist mir gelungen diese Erfahrung auch an meine Kinder weiterzugeben so dass ich im vorigen Jahr mit meiner ältesten Tochter Sophia durch zwei Wochen durch das Land gereist bin.
Meine sehr geehrte Damen und Herren. Es gäbe wahrscheinlich noch eine ganze Reihe von interessanten Details, die man zu diesem Jubiläum 150 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Japan und Österreich-Ungarn erzählen könnte. Diese 150 Jahren zeigen aus meiner Sicht, dass man oft nur mit einer kleinen freundlichen Geste beginnen muss, um dann etwas großartiges zu erreichen. Wir haben heute wunderbare Beziehungen zwischen Japan und Österreich, zwischen Japan und Ungarn, zwischen Japan und der Europäischen Union. Darauf können wir aufbauen. Wir dürfen aber gleichzeitig dankbar sein. Dankbar für unsere Vorfahren, die vor 150 Jahren mit dieser Initiative begonnen haben.
Und Danke sagen möchte ich auch den Initiatoren für diese wunderbare Veranstaltung.